Freitag, 7. April 2017

Öl und Wasser


Es wäre doch fantastisch, eine Ölfarbe so verdünnen zu können, das die Konsistenz mit der von Wasserfarbe vergleichbar wäre. Mit Balsam Terpentin wäre das leicht möglich, doch dies hat einige Nachteile: Schlechter Geruch, ungesunde Dämpfe und eine bei Überdosierung beschädigte Farbschicht, die brüchig werden kann.

Angenehmer ist das Verdünnen des Öl's mit Wasser, jedoch wer schon mal versucht hat ein Pflanzenöl mit Wasser zu vermischen wird feststellen, das sich das Öl auf der Wasseroberfläche absondert. Auch der Versuch Acrylfarbe, deren Lösemittel Wasser ist, mit Öl zu vermischen, würde zu Öltröpfchen im Farbfilm führen, dessen Stabilität somit auch verringert wird.

Hier die gute Nachricht: Das Verdünnen eines Öl's (z.B. Leinöl) mit Wasser ist möglich!

Dazu bedarf es einer weiteren Zutat: Einen Emulgator. Dieser besondere Stoff isoliert feine Öltröpfchen in einer wässrigen Umgebung und sorgt dafür, dass das Öl in der Schwebe bleibt und sich nicht absondert. In einer solchen Flüssigkeit befindet sich also Wasser, Öl und ein Emulgator. Überwiegt der wässrige Anteil, handelt es sich um eine Öl-in-Wasser-Emulsion.
Wer näheres über Emulsionen wissen möchte, ist mit diesem Wikipedia-Artikel gut beraten.

Hier beschränke ich mich darauf die Anwendung von Emulgatoren für die Malerei zu beschreiben. Der wohl älteste bekannte Emulgator ist das Eigelb im Hühnerei. Eine Farbe, bestehend aus Eigelb und Pigmenten, wird im Allgemeinen als Ei-Tempera bezeichnet. Ich sah Gemälde im Museum, die mit Ei-Tempera gemalt waren und 400-500 Jahre alt sind. Dieses Alter spricht für eine gute Qualität des Eigelbs als Malmittel. Voraussetzung für eine lange Haltbarkeit eines Gemäldes mit Ei-Tempera ist ein solider Malgrund, z.B. eine Holztafel. Leinwände als Malgrund, besonders die größeren Formate sind nicht immer formstabil, was zu Rissen in der Farbe führen kann. Aquarellpapier ist ein prima Malgrund für Ei-Tempera. Auf Dauer ist es gut, das Papier auf eine stabile Platte zu montieren.
Eigelb ist nicht nur ein prima Bindemittel für Pigmente, sondern kann auch zu Ölfarben aus der Tube gemischt werden. Als Palette verwende ich gerne eine Glasplatte mit glatter Oberfläche und zum Mischen nehme ich ein Malmesser. Damit ich eine wasserverdünnbare Ölfarbe erhalte, nehme ich 2 Teile Eigelb und 1 Teil Ölfarbe. Das Eigelb wird in kleinen Mengen nach und nach auf die Ölfarbe getropft und intensiv vermischt. Das Ergebnis sollte eine homogene Paste sein, die in diesem Zustand schon vermalbar ist.
Als Verdünner dient nun Wasser, dass auch in kleinen Schritten mit der Farbe vermischt wird.

Nimmt man 1 Teil Eigelb und 2 Teile Ölfarbe resultiert daraus eine Wasser-in-Öl-Emulsion. Da der Ölanteil überwiegt lässt sich diese Farbe am Besten mit Öl anreichern.

Nochmal in Kurzform:

Magere Ei-Tempera                     Fette Ei-Tempera             Ölfarbe
2 Teile Eigelb                              1 Teil Eigelb                      Leinöl
1 Teil  Ölfarbe                             2 Teile Ölfarbe                  Pigment
plus Wasser                                plus Öl

Der Abbindeprozess einer Tempera erfolgt in mehreren Schritten:
Zunächst verdunstet das Wasser und hinterlässt winzige Hohlräume. Das Leinöl trocknet durch Oxidation, d.h. das Öl verbindet sich chemisch mit dem Luftsauerstoff, verfestigt sich und dehnt sich dabei etwas aus. Die Hohlräume der Tempera fangen den Volumenzuwachs auf, so das das Gesamtvolumen der Farbschicht konstant bleibt. Die Abbindezeit von Tempera ist gegenüber reiner Ölfarbe kürzer und hängt von mehreren Bedingungen ab. Für eine schnelleres Abbinden ist ein kleinerer Ölanteil wichtig, als auch ein warmes Atelier (20 C) und auch dünnere Farbschichten. Dann lässt sich die Farbe schon nach circa 30 Minuten übermalen. Zum Test wischen sie einfach mit der Fingerkuppe am Rand des Bildes über die Farbe.


Sie möchten einen anderen Emulgator als Eigelb?
Kein Problem, probieren sie es mal mit Speisestärke.
Die Anwendung beschreibe ich im nächsten Post.


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen